Ein halbes Jahrhundert Geschichten: Die Berliner Produktionsfirma Ziegler Film wird 50 (2024)

Vor 50 Jahren gründete Regina Ziegler ihre Filmproduktionsfirma, als junge Mutter in Berlin-Charlottenburg. Die Gründung war ein Wagnis. Als Frau in einer Männerdomäne hatte die Produzentin nur mit einem deutlich eigenen Stil, Risikobereitschaft und Wumms eine Chance.

Im Jahr zuvor hatte sie sich von ihrem ersten Mann scheiden lassen, um mit dem Dokumentarfilmer Wolf Gremm, den sie während ihrer Arbeit beim Sender SFB kennengelernt hatte, zusammenzuleben.

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Mit Gremms Debütfilm, der Kinoproduktion „Ich dachte, ich wäre tot“ startete Ziegler Film im Jahr 1973 sofort erfolgreich: die eigenwillige Coming-of-Age-Geschichte mit der Österreicherin Y Sa Lo in der Rolle der 17-jährigen Carolin wurde mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnet.

Es folgten die „Sommergäste“ nach Maxim Gorki mit hochkarätigem Schauspielerensemble in der Regie des jungen Theatermanns Peter Stein. Mit „Fabian“, der ersten Verfilmung des Kästner-Stoffes feierte Gremm, mit dem Regina Ziegler inzwischen verheiratet war, internationale Erfolge. Auch Gremms Science-Fiction-Film „Kamikaze 1989“, im Jahr 1982 kurz vor dessen Tod mit Rainer Werner Fassbinder in der Hauptrolle gedreht, machte von sich reden.

„Erotic Tales“ mit Mika Kaurismäki, Joe Stelling und Detlev Buck

Neben guter und anspruchsvoller Unterhaltung für das große Publikum verfolgte Regina Ziegler stets auch abseitigere Herzensprojekte. Für ihre „Erotic Tales“, einer international angelegten Kurzfilmreihe, lud sie ab Mitte der 1990er-Jahre namhafte Regisseure wie Mika Kaurismäki, Joe Stelling oder Detlev Buck ein, jenseits des „Schmuddelfilms“ eigene künstlerische Fantasien zu entwickeln.

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Das Spektrum der Formate und Themen in der Historie von Ziegler Film ist breit, oftmals schlägt das Pendel in Richtung Unterhaltung aus. Die ebenfalls ab den 90er-Jahren produzierten Fernsehfilmreihe „Lauter tolle Frauen“ brachte griffige Titel wie „Männer sind zum Abgewöhnen“ und „Frauen, die Prosecco trinken“ hervor. Diese Filme basieren auf Bestsellern von Autorinnen, sie wurden mit populären Schauspielerinnen wie Christine Neubauer und Tina Ruland umgesetzt. Mit solchen Projekten schaffte sich Ziegler Film Spielräume.

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Der besondere Sinn der Gründerin für Filmstoffe, ihre Handschrift als Produzentin und ihr Ruf als Initiatorin und Ermöglicherin haben Regina Ziegler und ihrer inzwischen auf 50 Mitarbeitende angewachsene Firma mit Hauptsitz Berlin über die Jahre stetigen Ruhm eingebracht. Regina Ziegler genießt in der Filmbranche längst Legendenstatus, ist Trägerin des Bundesverdienstkreuzes und weit über die Grenzen von Deutschland bekannt. Im Frühjahr 2006 wurde sie mit einer dreiwöchigen Retrospektive im Museum of Modern Art in New York geehrt. Viel mehr kann man als Produzentin kaum erreichen.

Ein halbes Jahrhundert Geschichten: Die Berliner Produktionsfirma Ziegler Film wird 50 (5)

Mutter und Tochter vor einem Regal voller internationaler Auszeichnungen für ihre Produktionen.Guido Werner/Ziegler Film

Im selben Jahr stieg Tochter Tanja in die Geschäftsführung ein. Tanja Ziegler, die seit dem Jahr 2000 mitmischt, nachdem sie sich auf eigene Faust in der Branche umgetan hatte, hält inzwischen über 50 Prozent der Firmenanteile. An der Seite ihrer überlebensgroßen Mutter ihr eigenes Ding zu machen, ist für die inzwischen ebenfalls sehr erfahrene Nachfolgerin vermutlich nicht immer leicht. Nach außen wird Einigkeit demonstriert. Tanja Ziegler hat inzwischen diverse hochkarätige Dokumentationen zu verantworten, darunter „Das Hohelied der Liebe“, ein Porträt der israelischen Autorin Zeruya Shalev und „Die Rapoports“.

Unabhängig, eigensinnig, publiku*mstauglich

Die weibliche Perspektive, die spätestens seit MeToo in der Branche vehement eingefordert wird, ist bei Ziegler Film genetisch verankert. Ihre Firma arbeite schon immer überwiegend mit Frauen, sagt Tanja Ziegler. Unter den Bedingungen des gegenwärtigen Konkurrenzdrucks ist es beachtlich, wie unabhängig und eigensinnig Ziegler Film agiert, wie der Spagat gelingt zwischen Themensetzung und Anpassung an den Publiku*msgeschmack. Herausragende Produktionen der vergangenen Jahre sprechen für eine erfolgreiche Unternehmensstrategie.

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„Weissensee“ nach einer Idee von Annette Hess, erzählte ab 2011 deutsch-deutsche Geschichte im Serienformat über vier Staffeln – weitgehend glaubwürdig, mit liebevoller Ausstattung und erstklassiger Besetzung. Auch das nervenkitzelnde Drama „Gladbeck“ über die spektakulärste Geiselnahme der Bundesrepublik räumte im vergangenen Jahr international Preise ab. Das breite Fernsehpublikum wird währenddessen mit der Krimireihe „Theresa Wolff“ aus Thüringen und Folgen der Familienkomödie „Familie Bundschuh“ unterhalten.

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Im Bereich Kino präsentiert Ziegler Film Produktionen, die das Zeitgeschehen in den Blick nehmen. „In einem Land, das es nicht mehr gibt“ zeigte glamourösen Seiten der vermeintlich einheitsgrauen DDR. Regisseurin Aelrun Goette setzte hier ihre eigene Geschichte als Model in Ost-Berlin in Szene. Und Philipp Stölzls bunte Musical-Verfilmung „Ich war noch niemals in New York“ (2019) mit Liedern von Udo Jürgens begeisterte das Kinopublikum mit einer Leichtigkeit, die man im deutschen Film selten erlebt.

Wie aber bleibt eine unabhängige Filmproduktionsfirma zukunftsfähig? Der gute Austausch mit den Programmanbietern sei essenziell, erklärt Tanja Ziegler, „um frühzeitig zu erkennen, welche Geschichten für die Verantwortlichen der Sender und der Streaming-Portale relevant und interessant sind“. Vor kurzem gab Ziegler Film die Kooperation mit dem Bestseller-Autor Sebastian Fitzek und Amazon bekannt. Die sechsteilige Thriller-Serie „Die Therapie“ ist das erste Ergebnis dieser Zusammenarbeit. Ein Psychiater versucht, dem Verschwinden seiner Tochter auf die Spur zu kommen. Es bleibt spannend. Herzlichen Glückwunsch zum fünfzigsten Geburtstag.

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