Von Queens und Kings: Was ist Drag und wo hat es seinen Ursprung? (2024)

„We‘re all born naked and the rest is drag“

Von Queens und Kings: Was ist Drag und wo hat es seinen Ursprung?

Von Queens und Kings: Was ist Drag und wo hat es seinen Ursprung? (1)

Drag Queens sind Menschen – oftmals Männer –, die eine feminine Kunstfigur erschaffen

Quelle: IMAGO/ZUMA Press Wire

Rebellion, Freiheitskampf und Freude am Leben: Drag ist vielfältig – genauso wie die Menschen, die Drag machen. Doch wer sind eigentlich die Dragqueens und Dragkings, die so viele Leute begeistern? Wir erklären, was hinter der Kunstform steckt.

Drag ist eine Kunstform. Sie hat weder etwas mit der Sexualität der Person zu tun, noch mit Transsexualität. Drag kommt aus der queeren Community und gewinnt zunehmend an Aufmerksamkeit – auch außerhalb der queeren Community.

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Die amerikanische Wettbewerbsshow „RuPauls Drag Race“ katapultierte Drag international in den Mainstream. Auf das amerikanische Original folgten bald Ableger in der ganzen Welt: das Vereinigte Königreich, Spanien, Thailand, Mexiko und auch Deutschland bekamen im letzten Jahr einen eigenen Ableger der Hit-Show. Über zweihundertmal wurde die Show bereits für renommierte Preise der Fernsehbranche nominiert. Davon 63-mal für den Emmy, wovon 29 gewonnen wurden – unter anderem gab es 2023 den Emmy für „Herausragende Moderatorin für eine Reality- oder Wettbewerbssendung“ für RuPaul.

Doch die Geschichte von Drag begann lange vor der Erstausstrahlung von Drag Race im Jahr 2009. Dragqueens und Dragkings sind seit Jahrzehnten ein integraler Bestandteil der queeren Community. Eine der bekanntesten war die Amerikanerin Marsha P. Johnson. Sie war maßgeblich am Stonewall-Aufstand beteiligt, der heute als ein Wendepunkt im Kampf für queere Gleichberechtigung gesehen wird.

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Das kleine Einmaleins des Drag

Grob lässt sich Drag in Dragqueens und Dragkings unterteilen – aber Vorsicht: niemals in Schubladen denken. Außer es geht um die sogenannten „categories“, aber dazu später mehr. Dragqueens sind oftmals Männer, die eine feminine Kunstfigur erschaffen. Riesige Perücken, ausgefallene Kostüme und schwindelerregend hohe Highheels gehören nicht selten zu den Outfits, um bewusst extrem überzeichnete feminine Eigenschaften zu verkörpern. Gepaart mit einem – nicht selten auf Wortwitz basierendem Namen – entsteht ein künstlerisches Meisterwerk. Viele Queens (und Kings) sind kreativ und handwerklich begabt – Kostüme und Perücken werden selbst entworfen. Auf den Bühnen von Drag Race wurde schon das ein oder andere Outfit präsentiert, welches ins Museum gestellt werden könnte.

Dragkings hingegen sind in der Regel Frauen, die das Spiel umdrehen und hyper-maskuline Kunstfiguren erschaffen. Auf beide Arten wird mit Geschlechterstereotypen gespielt und diese bewusst in Frage gestellt. Es sei dazu gesagt, dass längst nicht nur Männer Dragqueens sein können – und ebenso sind Dragkings nicht nur Frauen. Die britische Dragqueen Victoria Scone schrieb 2021 in „RuPaul‘s Drag Race UK“ Geschichte: Sie nahm als erste cis-Frau und Dragqueen am englischen Ableger teil. Auch die Gewinnerin der neunten Staffel in Amerika, Sasha Velour, hat ein „Dragking alter ego“.

„Lipsyncen“ und Comedy-Shows sind wichtige Bestandteile von Drag

Egal ob Queen oder King, sie alle sind Entertainerinnen und Entertainer. Ein wesentlicher Bestandteil von Drag ist das sogenannte „Lipsyncen“ (dt. Lippensynchronisation). In einer Performance werden Lieder „gesungen“, aber lautlos. Die Performerinnen und Performer bewegen den Mund synchron zum Songtext. Dabei kommt es vor allem auf die Show an, die geboten wird. Das passende Outfit, Choreografien, die einem den Atem verschlagen. Oft treten dabei auch zwei oder mehrere Queens bzw. Kings gegeneinander an – sogenannte „Lipsync-Battles“. „Lipsyncen“ gehört unangefochten zu den Königsdisziplinen von Drag.

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Aber auch komödiantische Shows können zum Repertoire einer Dragqueen oder eines Dragkings gehören. Nicht selten sind es hochpolitische Themen, die dort angesprochen werden. Denn: Drag ist politisch! Das hat mit dem Ursprung in der queeren Community zu tun. Viele Queens und Kings nutzen ihre Bühne, um auf gesellschaftliche Missstände, besonders im Bezug auf die LGBTQIA+ Community aufmerksam zu machen. In einem Interview mit dem Guardian im Jahr 2018 erklärte RuPaul, Drag sei politisch, weil es im Grundsatz um eine Identitätsfrage ginge: „Wie sehen wir uns auf diesem Planeten? Das ist hochpolitisch“, erklärt die Queen of Drag.

We‘re all born naked and the rest is drag.

Hier ein Beispiel eines „Lipsync-Battle“ aus der 15. Staffel von „RuPauls Drag Race“:

Drag als Rebellion: Ein Blick in die Geschichte

Es gibt viele Theorien zum Ursprung von Drag. Einige davon reichen weit in die Vergangenheit. Egal ob im Theater im Römischen Reich oder auf den Bühnen des Mittelalters: weibliche Charaktere wurden von Männern gespielt. Denn Frauen durften nicht auf die Bühne. Dies wird von vielen als „Urknall“ für Drag gesehen. Von den Bühnen der Vergangenheit soll auch der Name „Drag“ empor gestiegen sein. „To drag“ bedeutet so viel wie etwas hinter sich herziehen. Etwas, was die männlichen Schauspieler mit den teils langen und ausladenden Gewändern der weiblichen Charaktere tun mussten.

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Doch es gibt auch einen Ursprung, der in der jüngeren Vergangenheit liegt und die heutige Drag-Szene immer noch prägt. Es ist die sogenannte „Ballroom Culture“. Ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhundert trafen sich vor allem afro- und lateinamerikanische Personen der queeren Szene im Untergrund und veranstalteten Bälle. In einer Mischung aus Catwalks, Tänzen, „Lipsyncs“ und nicht zuletzt Drag traten die Teilnehmenden in „categories“ gegeneinander an. Für viele, vor allem junge Menschen, wurde die Ballroom-Szene ein Zufluchtsort vor Diskriminierung und Gewalt und ein Safe Space, in dem sie sie selbst sein konnten. Die Dokumentation „Paris is burning“ von 1990 zeigt die Geschichte der Ballrooms in New York.

Zwischen dem römischen Reich und der „Ballroom Culture“ des 20. Jahrhunderts waren es vor allem Einzelpersonen, die als Dragqueens und -kings gesellschaftliche Zwänge auf die Probe stellten. Lady J., eine amerikanische Dragqueen, schrieb ihre Dissertation über die Geschichte von Drag. Sie sieht das britische Duo „Boulton and Park“ aus den 1860er Jahren als die ersten Dragqueens.

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Wo auch immer Drag seinen Ursprung hat: Es ist eine Rebellion. Eine Rebellion gegen Geschlechter-Klischeés, Sexismus und Diskriminierung. Eine Kunstform, die versucht, der Gesellschaft auch mal den Spiegel vorzuhalten und die auf Missstände aufmerksam machen möchte, aber dabei nie das Wichtigste vergisst: Drag soll vor allem Freude bereiten.

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Author: Reed Wilderman

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